Medienmitteilungen

Beschwerde gegen „Rundschau“- Beitrag gutgeheissen

Bern, 31.03.2009 - Die UBI hat eine Beschwerde gegen den in der Sendung „Rundschau“ des Schweizer Fernsehens ausgestrahlten Beitrag „Skandal um Pflegekind“ gutgeheissen. Es ging dabei um die Ergebnisse von aufsichtsrechtlichen Abklärungen im Zusammenhang mit der Platzierung eines Pflegekindes. Die UBI ist zum Schluss gekommen, dass der Beitrag das Sachgerechtigkeitsgebot verletzt hat.

Am 2. April 2008 strahlte das Schweizer Fernsehen auf SF 1 im Magazin „Rundschau" den Beitrag „Skandal um Pflegekind" aus. Der knapp zehnminütige Beitrag thematisiert die Ergebnisse einer aufsichtsrechtlichen Voruntersuchung der zuständigen Kammer des Obergerichts des Kantons Aargau im Zusammenhang mit zwei Pflegeplatzierungen eines Kindes in den Jahren 1996 und 1999. Die „Rundschau" berichtete bereits im Rahmen von Beiträgen vom 30. Januar 2008 und vom 6. Februar 2008 über diesen gemäss Anmoderation „skandalösen Pflegekinderfall", worauf die Vormundschaftsbehörde Reinach eine aufsichtsrechtliche Abklärung verlangte.

 

Im Beitrag kommen das Pflegekind, die heutige Pflegemutter, der für die Abklärungen verantwortliche Oberrichter, eine Vertreterin der Pflegekinderaktion Schweiz sowie frühere Nachbarn des Pflegekindes zu Wort. Kritik wird sowohl am Verfahren als auch an den Ergebnissen der aufsichtsrechtlichen Abklärungen geübt. Die zuständige Kammer des Obergerichts war, ohne das Pflegekind anzuhören, zum Schluss gekommen, dass die beiden umstrittenen Pflegeplatzierungen weder unsachgemäss noch gesetzeswidrig waren.

 

Die UBI hat festgestellt, dass der Beitrag verschiedene, im Lichte des Sachgerechtigkeitsgebots relevante Mängel aufweist. So konnte der kritisierte Oberrichter zwar im Filmbericht mehrfach Stellung nehmen. Es genügt jedoch nicht, eine angegriffene Person einzig pro forma anzuhören. Wichtig ist, dass ihr Standpunkt mit den besten Argumenten für das Publikum klar zum Ausdruck kommt. Dies war vorliegend nicht der Fall. So ignoriert die „Rundschau" konsequent den Gegenstand der aufsichtsrechtlichen Abklärungen, die sich ausschliesslich auf die zur Zeit der umstrittenen Pflegeplatzierungen vorliegenden Erkenntnisse bezogen. Die Gestaltung des Beitrags wies überdies tendenziösen Charakter auf. So wurden vorab Aspekte berücksichtigt, welche die Pflegeplatzierungen als problematisch erscheinen lassen.

 

Sachdienliche Informationen zum Befinden des Kindes und der Gewährleistung seines Schutzes in der fraglichen Zeit hat die zuständige Redaktion nicht vermittelt. Diese bemühte sich schwergewichtig, Belege zu erbringen, dass beide Pflegemütter - aus heutiger Sicht - zur Zeit der umstrittenen Platzierungen einer Tätigkeit im Sexgewerbe nachgegangen sind. Die Redaktion unterliess es, auf der Grundlage der heutigen Aussagen des Pflegekindes kritisch und unvoreingenommen vom beruflichen Tätigkeitsbereich der beiden Pflegemütter zu hinterfragen, ob das Kindeswohl an beiden Pflegeplätzen tatsächlich jederzeit gewährleistet war, wie dies die zuständige Kammer des Obergerichts des Kantons Aargau behauptet hat.

 

Das Publikum konnte sich aus diesen Gründen insgesamt keine eigene Meinung zu den Ergebnissen der aufsichtsrechtlichen Abklärungen bilden. Die dem Beitrag zu Grunde liegende These, wonach es sich bei den umstrittenen Pflegeplatzierungen um einen Skandal handelt, welcher eigentlich rechtliche Konsequenzen zur Folge haben müsste, wird nicht einer ernsthaften Prüfung unterzogen. Die Veranstalterin hat damit auch journalistische Sorgfaltspflichten wie die Unvoreingenommenheit gegenüber dem Ergebnis der publizistischen Arbeit, die faire Anhörung der andern Meinung und die Transparenz der Fakten nicht eingehalten. Aus diesen Gründen verletzt der beanstandete Beitrag das Sachgerechtigkeitsgebot.

 

Der Entscheid kann mit Beschwerde beim Bundesgericht angefochten werden. Nach Eintritt der Rechtskraft des Entscheids hat die Veranstalterin die UBI innert 30 Tagen über die getroffenen Massnahmen zu unterrichten, um ähnliche Rechtsverletzungen in Zukunft zu vermeiden.

Adresse für Rückfragen

UBI
Postfach 8547
3001 Bern
Tel. 031/322 55 33/38
Fax 031/322 55 58

Herausgeber

Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen
http://www.ubi.admin.ch



Zum Seitenanfang

Letztes Update: 29.09.2020